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Was bedeutet eigentlich … Unternehmer:innenglück?
… und warum das Narrativ „Bigger, faster, stronger“ nicht mehr zeitgemäß ist
Erinnern Sie sich noch an den Film „Wallstreet“ mit Michael Douglas in der Hauptrolle? Darin verkörpert er den skrupellosen Finanzhai Gordon Gekko. Auch wenn er am Ende mit seinen fragwürdigen Machenschaften scheitert, hat sich das Bild vom gierigen Unternehmer, dessen Hauptziel es ist, Geld zu scheffeln, nachhaltig in den Köpfen verankert. Mit der Realität hat dies allerdings wenig zu tun, wie eine aktuelle Studie und ein aktuelles Beispiel zeigen.
Mitte Mai trafen sich 500 Frauen aus der Wirtschaft aus ganz Österreich plus eine Delegation der IHK (Industrie- und Handelskammer) Schwaben im Congress Center Villach zum Unternehmerinnenkongress. Dieser findet auf Initiative der Interessenvertretung „Frau in der Wirtschaft Österreich“ alle 2 Jahre in einem anderen Bundesland statt.
Das Motto der diesjährigen Veranstaltung lautete „In Touch mit der Zukunft“. Die Keynotes und Panels standen im Zeichen von Ermutigung und Inspiration, in den Pausen und beim Rahmenprogramm lag der Hauptfokus auf dem Netzwerken.
Zwei Unternehmerinnen waren dort auf der Bühne, die mich besonders beeindruckt haben: Die eine ist Dr. Marisa Mühlböck, die sich in ihrer Forschung wissenschaftlich mit dem Unternehmer:innenglück beschäftigt.
Die andere ist Nadina Ruedl, studierte Betriebswirtin und Gründerin von Die Pflanzerei, die sich auf die Produktion veganer Hausmannskost spezialisiert hat. Obwohl ein solches Start-up besonders hohen Einsatz erfordert, hat Ruedl dort ganz offensichtlich ihr Unternehmer:innenglück gefunden.
Marisa Mühlböck: Erkenne, welcher Glückstyp du bist
„Es erfüllt mich, wenn ich mich durch meine Arbeit selbst entfalten kann.“ Dieser Aussage stimmen 92 % der in Mühlböcks Untersuchung befragten Unternehmerinnen und Unternehmer zu, wie die Studienautorin beim Unternehmerinnenkongress aufzeigte. Auch andere Aspekte der Befragung untermauern: Der Mehrheit der Unternehmer:innen geht es um ein selbstbestimmtes Leben, sinnvolles Tun, einen Beitrag zu leisten. Viel Geld verdienen steht nicht an oberster Stelle der Motivation.
Ungeachtet dessen ist es von Vorteil, zu wissen, welcher Glückstyp man ist. Dazu stellte Mühlböck sechs mögliche Glückstypen vor, die sich für die jeweils individuelle Glücks-Stratgie als dominant erweisen: der Beziehungs-, Autonomie-, Exzellenz-, Selbstakzeptanz-, Sinnerfüllungs- und Selbstverwirklichungs-Typus.
Die Bestimmung des eigenen Typus ist vergleichbar mit einer Standortbestimmung, die helfen kann, die eigenen Potenziale besser zu erkennen und das Unternehmer:innenglück zu erhöhen.
Nadina Ruedl: Mach dich nie abhängig
Die gebürtige Salzburgerin, die 2024 beim „Women in Business Award“ als Gründerin des Jahres ausgezeichnet wurde, beeindruckte mich beim Unternehmerinnenkongress vor allem wegen ihrer bodenständigen Art. Im Interview mit Frau in der Wirtschaft-Vorsitzender Martha Schultz nannte sie die Dinge beim Namen und redete nicht lange herum – auch wenn es um Misserfolge ging.
Das tat sie auch wenige Tage später, als wir sie mit Frau in der Wirtschaft Wien im Impact Hub Vienna besuchten, wo sich der Sitz des Unternehmens befindet. Warum sie sich auf vegane Produkte spezialisiert hat? Weil sie regionale Lebensmittel ohne Fleisch erzeugen möchte, die schmecken.
Daher hat sie sich gleich zu Beginn einen Metzger als Produzenten ins Boot geholt. Denn wer wüsste besser, wie ein guter Leberkäse schmeckt? Herausgekommen ist Gustl, der vegane Leverkas – und inzwischen 50 weitere fleischlose Produkte.
Als studierte Betriebswirtin weiß Nadina Ruedl, dass am Ende die Kasse stimmen muss. Zugleich prägen Werte wie Regionalität, Handwerk und unternehmerische Unabhängigkeit ihr Handeln. Ihr Motto: „Mach dich nie abhängig. Mein wichtigster Vertriebskanal ist zugleich der kleinste, mein eigener Online-Shop. Die Verführung, schnell groß zu werden, habe ich nicht.“
Weitere Eindrücke, Fotos und Nachlesen vom Unternehmerinnenkongress 2025
© Sigrid Neureiter
Fotos: © Dr. Neureiter-PR