Alles Walzer: Wie gut eignen sich Bälle zum Netzwerken?

Dieser Frage sind wir auf dem glatten Parkett von Wiens Redouten* nachgegangen

Bälle gelten gemeinhin als Netzwerkevents. Insbesondere, wenn es sich um jene im traditionsreichen Ambiente der Wiener Hofburg, dem Wiener Rathaus oder gar den Opernball handelt. Doch was ist eigentlich dran an diesem viel beschworenen Mythos, der suggeriert, dass in den Logen diskret Geschäfte gemacht und selbst im Getümmel an den Bars interessante Kontakte geknüpft werden?

 Eines gleich vorweg: Wenn du auf einem Wiener Traditionsball niemanden kennst, dann lernst du auch niemanden kennen. Zumindest niemanden, der für dich vom Netzwerk-Faktor her interessant sein könnte. Natürlich kann es passieren, dass du an einem Tisch zufällig mit jemandem zum Sitzen oder an der Bar zum Stehen kommst, der geschäftlich oder gesellschaftlich relevant für dich ist. Die Chance ist jedoch 1 : 3.500. So viele Gäste sind nämlich in der Regel auf einem Ball in der Hofburg. Beim Opernball sind es noch ein paar mehr, nämlich über 5.000. Die geringe Erfolgsaussicht, zufällig jemanden für dich Interessanten kennenzulernen, ist allerdings kein Grund dafür, deine Tanzschuhe unverrichteter Dinge an den Nagel zu hängen. Denn die hohe Kunst des Netzwerkens besteht ja nicht allein darin, neue Kontakte zu knüpfen. Ebenso wichtig ist es, bestehende Kontakte zu pflegen. Das geht auf Wiener Bällen ganz hervorragend, vorausgesetzt, dass du

  • dort schon viele Leute kennst oder
  • jemanden kennst, der viele Leute kennt, und bereit ist, Euch miteinander bekanntzumachen.

Wenn du eine der beiden Fragen – oder gar beide - mit ja beantworten kannst, dann ist ein Wiener Ball tatsächlich eine hervorragende Gelegenheit zum Netzwerken. Damit der Ball aber ein voller Erfolg wird, gilt es ein paar Punkte zu beachten:

1. Wie viel kostet ein Ball?

In der Regel sind Bälle ein kostspieliges Vergnügen. Das beginnt bei den Vorbereitungen, wo es gilt das Ballkleid bzw. den Smoking – so die Bekleidung nicht neu angeschafft wird – passend zu machen. Passend heißt zu allererst, auf die jeweils angegebenen Dresscodes zu achten. Wenn da steht „Bodenlanges Abendkleid“, dann hat es tatsächlich rundherum bodenlang zu sein, nicht knöchellang, nicht asymmetrisch geschnitten und schon gar nicht kurz. Wenn schon ein Schlitz, dann darf er maximal bis zum Knie reichen, und Hosen(anzüge) sind für Damen absolut tabu.

Sorge also dafür, dass das neue Ballkleid dem Dresscode entspricht oder das alte entsprechend angepasst wird. Letzteres gilt auch für die aktuelle Kleidergröße, sowohl bei der Dame als auch beim Herrn. Schneiderinnen und Schneider können da wahre Wunder wirken. Ich persönlich liebe Vintage-Kleider, mein ältestes Ballkleid hat über 40 Jahre in den Plisséefalten. Dank der Schneiderkunst sieht man es ihm aber nicht an.

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Sigrid Neureiter am Ball der Wiener Wirtschaft, fotografiert von Friederike Heinrich.

 

Auch wenn du kein Geld in ein neues Outfit investierst, kann es sein, dass du Accessoires benötigst, ob Täschchen, Schuhe, Schmuck oder Fliege. Bei den Damen kommt in der Regel der Friseur hinzu. Dann kalkuliere noch das Taxi ein. Selbst wenn du dich beim Hinweg mutig mit dem Bodenlangen in ein Öffi begibst, wirst du bei der Heimfahrt nach Mitternacht auf die motorisierte Mietkutsche kaum verzichten können.

Weiters benötigst du eine Ballkarte. Diese ist im Vorverkauf meist etwas günstiger als an der Abendkasse (zumal viele Bälle da oft schon ausverkauft sind). Darüber

hinaus möchtest du dir gegf. einen Tischplatz (ebenfalls im Vorfeld zu buchen) und am Ball selbst Getränke, Snacks und eventuell Lose leisten.

Alles in allem sind – selbst bei sparsamster Variante – an die 150 Euro einzukalkulieren, eher aber 200 bis 300. Wenn du nicht rein zum Vergnügen auf den Ball gehst, was auch eine Option ist, stellt sich die Frage, ob sich diese Investition lohnt. Daher gilt es, im Vorfeld zu klären:

 

 2. Welcher Ball ist der richtige?

 

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Wenn es ums geschäftliche Netzwerken geht, dann sind es sinnvollerweise Bälle, die mit deinem  Umfeld zu tun haben. In Wien gibt es deren zahlreiche, von A wie Ärzteball bis Z wie Zuckerbäckerball. Dazwischen sind von den Immobilien über die Juristen bis zu den Kaffeesiedern viele weitere Berufsgruppen vertreten.

Hinzu kommen die Bälle der Universitäten, wie WU (Wirtschaftsuniversität), TU (Technische Universität) oder Boku (Universität für Bodenkultur). Bei letzterem ist laut Dresscode neben Abendkleid und Smoking auch Tracht erlaubt. Diese Bekleidung ist für den Steirerball die dominierende Variante und für den Jägerball verpflichtend.

Wenn du deine Branche bzw. dein bevorzugtes geographisches oder gesellschaftliches Umfeld in der Hofburg nicht antriffst, kann es gut sein, dass du im Wiener Rathaus fündig wirst. Dort tanzen beispielsweise die Gärtner und Floristen am Blumenball, die Exekutivbeamten am Polizeiball, die Florianijünger am Feuerwehrball und die Tirolerinnen und Tiroler sowie die Freunde des alpinen Bundeslandes am Tirolerball.

Die etwas älteren, aber dennoch jung gebliebenen Semester treffen sich im Rathaus am Kleinen Neubauer Opernball, der jeweils am Nachmittag des großen Wiener Opernballs stattfindet. Den Kleinen Opernball habe ich vor ein paar Jahren auf Einladung einer Geschäftspartnerin besucht. Er ist mir sowohl vom Netzwerk-Faktor als auch vom Unterhaltungswert her in sehr angenehmer Erinnerung.

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Mein Highlight ist der Ball der Wiener Wirtschaft  in der Hofburg. Dort tanzen Wiens Unternehmerinnen und Unternehmer und hier lässt sich für mich das Nützliche mit dem Angenehmen aufs Trefflichste verbinden. Denn seit ich vor fast 25 Jahren meine PR-Agentur gegründet habe, profitiere ich von den Netzwerk-Angeboten der Wirtschaftskammer Wien. Was mit der Jungen Wirtschaft Wien begann, setzt sich nun mit Frau in der Wirtschaft und mit meiner Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation fort.

Der Ball der Wiener Wirtschaft ist demnach für mich eine hervorragende Gelegenheit, Kontakte zu pflegen und – da ich oft mit anderen bekannt gemacht werde – auch neue Kontakte zu knüpfen. Hinzukommt ein tolles Unterhaltungsprogramm, das jeweils im Auftritt eines Stargasts gipfelt. In diesem Jahr begeisterte Ronan Keating das Publikum im Festsaal.

3. Wie gut muss ich tanzen können?

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Eines vorweg: Auf Wiener Bällen wird getanzt. Und zwar richtig getanzt. Da reicht es nicht, sich mit Trippelschrittchen im Kreis zu drehen. Viele Wienerinnen und Wiener können tanzen, tun es gern und raumgreifend. Wenn du dich also tatsächlich auf das glatte Parkett begibst, solltest du einigermaßen schrittsicher sein. Wobei sich da Damen leichter tun, weil der Herr führt. Aber die Grundschritte von Walzer und Foxtrott und ein gewisses Taktgefühl sollten auch Vertreterinnen des schönen Geschlechts beherrschen. Ein paar Tanzstunden vor dem Ball können also nicht schaden.

Wenn du allerdings gar nicht tanzt, ist das kein Grund, auf den Besuch eines Balls zu verzichten. Ich war einmal mit einem Geschäftspartner auf besagtem Ball der Wiener Wirtschaft. Der Herr tanzte nicht, machte aber mit mir unermüdlich Runde um Runde durch die Säle der Hofburg, um Netzwerkkontakte zu pflegen und neue zu knüpfen. Meistens gibt es zudem eine Disco, wo auch jene, die keine Gesellschaftstänze beherrschen, shaken können.

Was ich jedem Ballbesucher und jeder Ballbesucherin empfehle: bei der Mitternachtsquadrille mitzumachen. Rein theoretisch muss man dazu überhaupt nicht tanzen können, denn die einzelnen Schritte werden angesagt. Praktisch sind viele der Teilnehmenden dennoch überfordert und das Ganze endet in einem ziemlichen Durcheinander. Was aber dem Vergnügen überhaupt keinen Abbruch tut, es ist einfach ein Riesenspaß!

Fazit: Netzwerken am Ball ist unter den genannten Voraussetzungen möglich, sinnvoll und meist auch sehr vergnüglich.

*Redoute = A) Tanzsaal B) Maskenball. Wir verwenden den Begriff hier im Sinne der Variante A) Tanzsaal. Der Vollständigkeit halber sei auch auf die „Rudolfiner Redoute“ verwiesen, ein traditionsreicher Wiener Maskenball.

Fotos ©Dr. Neureiter-PR

© Sigrid Neureiter