Un ballo in maschera: Was Krisenkommunikation mit der Verdi-Oper zu tun hat

Über die Auswirkungen des Maskenskandals auf die Marken Palmers und Lenzing auf Anfrage des HORIZONT.

Die österreichische Wochenzeitung HORIZONT gilt als Leitmedium im Bereich Werbung, Medien und Marketing. Redakteurin Nora Halwax bat uns um unsere Experten-Einschätzung zu den Auswirkungen des Maskenskandals von Hygiene Austria auf die Traditionsmarken Palmers und Lenzing aus PR-/Imagesicht. Die konkreten Fragen, unsere Antworten und weiterführende Überlegungen zum Thema Krisen-PR fassen wir in diesem Blogbeitrag zusammen.

Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Skandals auf die mittel- und längerfristige Reputation der beiden Marken ein?

Sigrid Neureiter: Auf die Reputation von Lenzing als B2B-Unternehmen schätze ich die Auswirkungen des Maskenskandals gering ein. Hier sind eher die Auswirkungen an der Börse interessant. Der Aktienkurs ist um 3% eingebrochen. Allerdings hatte Lenzing vorher eine enorme Kurssteigerung zu verzeichnen, so dass der Rückgang nicht wirklich dramatisch zu sehen ist.

Was die Consumer-Brand Palmers betrifft, sehe ich hier schon mehr die Gefahr von Reputationsverlust bei den KonsumentInnen. Wem dieser Skandal aber definitiv schadet, ist die Herkunftsbezeichnung „Made in Austria“. Diese hatte bisher eine hohe Glaubwürdigkeit und ich bezweifle, dass das so bleibt.

Gibt es derzeit überhaupt eine Krisenkommunikation der Marken?

Dem Verlauf des Skandals zufolge, gibt es sicher eine Krisenkommunikation. Ich erkenne zwei Strategien:

  •  Lenzing reagierte sehr rasch mit einer Reaktion und einem ersten Statement. Es versprach, zu prüfen und dann weitere Informationen zu geben. Die Strategie war also eindeutig Deeskalation. Es ging darum, medial wieder Ruhe einkehren zu lassen, und das hat bisher funktioniert.
  •  Palmers ist mit persönlichen Statements von Geschäftsführer Wieser aufgefallen. Hier war die Strategie eine offensivere. Aktuell scheint man aber auch hier eher darauf zu setzen, Ruhe einkehren zu lassen.

Wie bewerten Sie diese?

Dieser Skandal war vergleichsweise kurze Zeit ein wirkliches Top Thema, auch wenn immer wieder mal Berichte aufpoppen. Der Peak des Skandals war aber ziemlich schnell erreicht und flachte dann wieder ab. Das spricht für eine durchaus gelungene Krisenkommunikation. Vor Corona hätte ein solcher Skandal vermutlich länger die Schlagzeilen beherrscht.

Was läuft richtig, was falsch?

Auf Social Media gab es Empörung, aber, soweit ich es überblicken kann, gab es in anderen Fällen schon weit schlimmere Shitstorms. Summa summarum ist die Krisenkommunikation bisher vergleichsweise gut gelaufen, die beiden Traditionsunternehmen haben rechtzeitig die Bremse gezogen.

Nachtrag: Palmers war allerdings in jüngster Zeit, nicht zuletzt aufgrund verwandtschaftlicher Verflechtungen bis hin in die höchste Regierungsspitze, wieder verstärkt in der Kritik.

Wozu würden Sie raten?

Die beiden Unternehmen sollen sich sehr genau überlegen, welche Szenarien noch denkbar wären. Gibt es etwas, das der Öffentlichkeit in dem Zusammenhang noch nicht bekannt ist? Wenn ja, dann gilt es, sich jetzt darauf vorzubereiten. Denn sollten weitere unangenehme Details auftauchen und es keine wasserdichte Erklärung geben, könnte der Schaden wesentlich größer werden. Wo es auf jeden Fall Handlungsbedarf gibt, ist bei der Herkunftsbezeichnung „Made in Austria“. Das sollte schon allein im Interesse all jener Unternehmen geschehen, die damit werben.

Unser Fazit:

Gerade die jüngst wieder aufgepoppten Berichte über Palmers in Zusammenhang mit Hygiene Austria machen deutlich, dass es keine gute Strategie ist, sich in der Krisenkommunikation so zu verhalten wie die Protagonisten in Verdis „Un ballo in maschera“. Denn anstatt mit offenen Karten zu spielen, verlegen sie sich auf tarnen und täuschen. Dies mündet zuletzt in der Katastrophe, nämlich der Ermordung des Königs aus Eifersucht, obwohl er doch längst beschlossen hat, der geliebten Frau, die einem anderen gehört, zu entsagen.

Krisenkommunikation lebt vom Prinzip des „regret, react, reinform“. Das bedeutet: Zeigen, dass einem das Geschehene leidtut, warum es einem leidtut und wie man in Zukunft damit umzugehen gedenkt. Dass Palmers just am Höhepunkt des Skandals gemeinsam mit Interspar eine neue Wäschemarke launchte, spricht nicht unbedingt für ehrliches Bedauern, eher schon für eine Verschleierungstaktik. Da ist es kein Wunder, wenn das Ablenkungsmanöver, ähnlich wie in Verdis Maskenball, zum Bumerang wird.

Krisenkommunikation: Von der Prävention über den rettenden Anker ans sichere Ufer

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Kontakt

Der Artikel von Nora Halwax ist unter dem Titel „Wenn die Masken fallen“ im HORIZONT Nr. 12 vom 26. März 2021 erschienen.